Kanzlei Freudenreich

Minderung wegen Baustellenarbeiten


1. Die Höhe der Minderung muss dem Umsatzrückgang des Gewerberaummieters (Imbiss) nicht entsprechen.

2. Tritt neben Licht-, Lärm-, Staub- und Schmutzbeeinträchtigungen auch ein Umsatzrückgang ein, ist ohne unmittelbare Anhaltspunkte im Mietvertrag die Minderung auf 15% beschränkt.

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 24.11.2016 - 2-11 S 60/16, Volltext: IMRRS 2017, 0076

 

BGB § 535 Abs. 1, §§ 536, 578; ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1

Problem/Sachverhalt

Aufgrund der Durchführung von Fassadenarbeiten und eines mit Folie bespannten Gerüstes, minderte der Mieter eines Imbisslokals wegen Staub-, Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen sowie Umsatzrückgän­gen die vertraglich vereinbarte Miete. Das Amtsge­richt hatte wegen eines Teilbetrags mit Schlussurteil vom 05.12.2014 eine Minderung von 15% für ange­messen erachtet. Das Urteil wurde rechtskräftig (33 C 1240/14 (67)). Im Folgeprozess macht der Ver­mieter weitere Differenzmiete abzüglich 15% Minde­rung geltend. Das Amtsgericht gibt der Klage in Höhe der noch offenen Differenzmiete statt. Angesichts der unstreitigen Gebrauchsbeeinträchtigung durch Fassa­denarbeiten, durch ein mit Folie bespanntes Gerüst sowie Licht-, Lärm-, Staub- und Schmutzbeeinträchti­gungen sah es keinen Anlass, von der im Vorprozess zuerkannten 15%-igen Minderung nach § 536 Abs. 1 und 2 BGB abzuweichen. Soweit der Mieter jetzt starke Umsatzund Gewinnrückgänge geltend macht, weist das Amtsgericht darauf hin, dass die Minderung auf­grund unterschiedlicher Faktoren nicht prozentual dem Umsatzrückgang entspreche (OLG Frankfurt, Ur­teil vom 11.02.2015 — 2 U 174/14, IMR 2015, 370; LG Dortmund, Urteil vom 28.07.1994 — 13 0 40/94). Der Mieter legt Berufung ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Berufungskammer hat zunächst mit Hinweisbeschluss vom 24.10., später durch Zurück­weisungsbeschluss vom 24.11.2016 festgehalten, dass ohne weitere vertragliche Verpflichtung des Ver­mieters betreffend der (nicht vermieteten) Straßen­fläche und des Parkstreifens, eine darüberhinausge­hende Minderung wegen Bauschutt und Abfallcontainern nicht gerechtfertigt sei. Soweit der Gewinnrückgang von anderen Faktoren abhänge als der Umsatzrückgang, müsse dieser prozentual der Minderungsquote nicht entsprechen. Der Mie­ter habe vielmehr bei Gewinnrückgang auch eine

Kostenreduzierung etwa für Verringerung von Perso­nal und Einkauf als Abzug zu berücksichtigen. Man­gels weitergehender vertraglicher Verpflichtungen komme eine höhere Minderung daher nicht in Be­tracht, so dass die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen sei. Die ,Behauptungen des Mie­ters, sein Untermieter habe ihm gegenüber höher gemindert, führe zu keiner anderen Betrachtung, da Umsatzrückgang ebenso wie Gewinnerwartung in den Risikobereich des Mieters fallen (seit BGH, NJW 1958, 785 st. Rspr., zuletzt BGH, Urteil vom 15.10.2008 — XII ZR 1/07, IMRRS 2009, 0062).

Praxishinweis

Oft neigen Gewerberaummieter dazu, eigene Bau­maßnahmen des Vermieters für überzogene Minde­rungsvorstellungen zu benutzen. Nach dem Urteil des OLG Frankfurt vom 11.02.2015 (2 U 174/14, IMR 2015, 370) ist beim Totalabriss eines Hochhauskom­plexes im Umfeld die Minderung auf 15% beschränkt. Nach der Instanzjudikatur ist in der Kernstadt (Frank­furt/Main), zu welcher auch das fragliche Gewerbemie­tobjekt gehört, regelmäßig mit Baustellen, Lärm, Staub u. Ä. als allgemeines Lebensrisiko zu rechnen, was nach § 536b BGB eine Minderung erheblich einschränkt (AG Frankfurt/Main, Urteil vom 23.09.2004 —33 C1747/04; IMR 2012, 105). Die außerhalb des Ge­werbeobjekts im Bereich von Straße und Parksteifen eingerichtete Baustelle des Vermieters stellt demge­genüber nur eine mittelbare Beeinträchtigung dar. Dies gehört regelmäßig zum Unternehmerrisiko des Gewerberaummieters für mittelbare, dem Mietobjekt nicht unmittelbar anhaftende "Mängel" (BGH, NJW 1981, 2405 Rz. 15). Bei der Beurteilung der Ge­brauchsbeeinträchtigung sind daher nur im Objekt maßgebliche Umsatzrückgänge zu berücksichtigen, die prozentual jedoch nicht den Gewinnrückgängen entsprechen mussten.

RA und FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Michael E. Freudenreich, Frankfurt a.M.