1. Alle wesentlichen Vereinbarungen der Parteien müssen sich hinreichend bestimmbar aus der Mietvertragsurkunde ergeben.
2. Bei der Anmietung eines Kellerraums handelt es sich um einen für beide Vertragsparteien wesentlichen Umstand, wenn der Mieter auf dessen dauerhafte Nutzung wirtschaftlich angewiesen ist. Die nur mündlich erweiterte Kellernutzung begründet einen Schriftformmangel.
3. Die Berufung auf den Schriftformmangel durch den am Vertragsschluss nicht beteiligten Erwerber ist im Allgemeinen nicht rechtsmissbräuchlich.
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.04.2016 - 2 U 9/16 (nicht rechtskräftig), Volltext: IMRRS 2016, 0862 BGB § 550 Satz 2, § 566 Abs. 1, § 580a Abs. 2
Problem/Sachverhalt
Nachdem sich die beklagte Mieterin in einem Vorprozess darauf berief, sie hätte ohne den mündlich überlassenen Keller ihre Praxisräume nicht angemietet, kündigte die Klägerin als Erwerberin die von der Beklagten angemieteten Praxisräume wegen Schriftformmangels mit gesetzlicher Frist. Das Landgericht gab der Räumungsklage statt. Anders als in dem vom BGH am 12.03.2008 - VIII ZR 71/07, IMR 2008, 152, entschiedenen Sachverhalt, wo sich die Parteien nur über Größe und Lage des vermieteten Kellerraums nicht schriftlich geeinigt hatten, fehlte im Mietvertrag hier jegliche Vereinbarung über die Kellernutzung. Die Einigung über die mündliche Vermietung eines Kellerraums stellt eine wesentliche, formbedürftige Vereinbarung dar, wenn die Mieterin das Mietobjekt ohne Keller nicht angemietet hätte. Die wirtschaftliche Tragweite der beabsichtigten Kellernutzung ist wesentliches Merkmal i.S.v. § 550 BGB, Die Berufung war erfolglos.
Entscheidung
Der 2. Zivilsenat hat in der zusätzlichen Anmietung eines Kellerraums durch mündliche Vereinbarung die gesetzliche Schriftform als nicht gewahrt angesehen, da nicht alle wesentlichen Vereinbarungen der Parteien hinreichend bestimmbar aus der Mietvertragsurkunde folgten. Die Berufung auf den Schriftformmangel sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Denn die Klägerin als Erwerberin könne dem schriftlichen Mietvertrag gerade nicht entnehmen, dass die Beklagte auch einen Kellerraum dauerhaft angemietet habe. Die Motive für den Ausspruch einer Kündigung bleiben grundsätzlich unerheblich. Dass die Vertragsparteien nicht zugleich auch die Miete um einen auf diesen Kellerraum entfallenden Betrag erhöht haben, stehe dem Wesentlichkeitsmerkmal nicht entgegen, insbesondere wenn der Kellerraum nach dem Parteivorbringen bei Mietbeginn noch nicht vollständig nutzbar gewesen sei und sich erst später zur Aufbewahrung von Gegenständen geeignet habe. Da die Nutzung des Kellerraums erkennbar mit der Nutzung der Praxisräume zusammenhängen solle und daher wirtschaftlich bedingt sei, komme die Annahme eines separaten Leihvertrags nicht in Betracht. Auch habe für den Voreigentümer keine Veranlassung bestanden, den Keller unentgeltlich zu überlassen, wobei Fragen der Auslegung der vertraglichen Regelung über die Miethöhe für die Einhaltung der Schriftform nach § 550 BGB nicht relevant seien,
Praxishinweis
Die mündliche Überlassung zusätzlicher Räume (z. B. Kellerraum) kann einen Schriftformmangel begründen. Der künftige Grundstückserwerber muss allein aus der Vertragsurkunde heraus die Möglichkeit haben, sich über Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten (Fortsetzung von BGH vom 24.02.2010 - XII ZR 120/06, IMRRS 2010, 0619). Dazu bleibt es erforderlich, mündliche Zusatzabreden durch schriftlichen Nachtrag, der auf die Mietvertragsurkunde Bezug nimmt, formwirksam abzusichern.
RA und FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Michael E. Freudenreich, Frankfurt a.M.