Die stillschweigende sechsmonatige Verlängerung eines Gerätetrainings-Vertrages kann durch AGB wirksam vereinbart werden. (Leitsatz der Einsender)
LG Frankfurt, Urt. v. 29.10.1990 - 2/24 S 517/89
Zum Sachverhalt: Die Kl. betreibt ein Fitness-Studio. Die Bekl. unterzeichnete am 4.4.1987 eine Trainings-Anmeldung. Die Dauer der Mitgliedschaft war zunächst auf sechs Monate festgelegt, der Monatsbeitrag sollte 80 DM betragen. In den auf dem Vertragsformular enthaltenen Bestimmungen heißt es unter dem Punkte "Dauer der Mitgliedschaft/Kündigung: Diese Anmeldung verlängert sich automatisch um die obengenannte Mitgliedschaftsdauer, sofern nicht jeweils drei Monate vor Ablauf der vereinbarten Zeit eine schriftliche Kündigung erfolgt.". Die Bekl. kündigte den Vertrag nicht. Mit ihrer Klage hat die Kl. Zahlung der Monatsbeiträge für den Zeitraum September 1987 bis Januar 1989 geltend gemacht. Das AG hat der Klage bis auf einen Teilbetrag, der auf einem Berechnungsfehler der Kl. beruhte, stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Die Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Zahlung von 960 DM aus dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag. Zwar war die Dauer der Mitgliedschaft zunächst mit sechs Monate angegeben. Sie verlängerte sich jedoch entsprechend den AGB um jeweils sechs Monate, da die Bekl. den Vertrag nicht fristgerecht gekündigt hat. Die Verlängerungsklausel ist wirksam. Sie verstößt zum einen nicht gegen § 11 Nr. 12 a oder b AGB-Gesetz. Es kann dahingestellt bleiben, ob in dem vorliegenden Vertrag miet- oder werkvertragsrechtliche Elemente überwiegen, denn jedenfalls bewegten sich sowohl die ursprüngliche Bindungszeit als auch die Verlängerungsdauer von jeweils sechs Monaten weit unterhalb der gesetzlich noch zulässigen Fristen. Auch ein Verstoß gegen § 91 AGB-Gesetz liegt nicht vor. Eine unangemessene Benachteiligung der Bekl. vermag die Kammer nicht zu erkennen. Dies gilt zum einen für die ursprüngliche sechsmonatige Bindungszeit. Ein derartiger Zeitraum ist für die Bekl. überschaubar. Es ist zu berücksichtigen, daß derartige sportliche Betätigungen von vornherein stets auf eine gewisse Dauer angelegt sein müssen., um den gewünschten Trainingseffekt zu erzielen. Auch die Kl. hat ein Interesse an einer zumindest mittelfristigen Kalkulation, die nicht gewährleistet wärt, wenn eine Kündigung des Vertrages jederzeit erfolgen könnte.
Gleiches gilt auch für die Verlängerungsdauer von jeweils weiteren sechs Monaten. Zwar bestehen bei längeren Laufzeiten von zwölf Monate oder mehr Bedenken, eine automatische Verlängerung jeweils gleicher Laufzeit zuzulassen (Kammer, NJW-RR 1989, 176). Gleiches gilt erst recht dann, wenn die Verlängerungsdauer die Erstlaufzeit wesentlich übersteigt (LG Hamburg, DB 1987, 1482). Die Wertung, daß die stillschweigende Verlängerung nur die Hilfe der ursprünglichen Laufzeit ausmachen darf, ist auch wieder der Regelung des § 11 Nr. 12 AGB-Gesetz zu entnehmen. Gleichwohl gilt dies nach Ansicht der Kammer für kurze Laufzeiten wie sechs Monate nicht. Eine halbjährige Verlängerung ist für die Bekl. unabhängig von der Dauer der Erstlaufzeit überschaubbar, das finanzielle Risiko ist kalkulierbar.
Schließlich verstößt auch die Bestimmung, wonach die Kündigung spätestens drei Monate vor Ablauf der Bindungsfrist erfolgen muß, nicht gegen § 9 AGB-Gesetz. Zwar ist eine derartige Bestimmung eher unüblich, § 621 Nr. BGB steht bei Dienstverträgen mit monatlicher Vergütung eine Kündigung spätestens am 15. eines Monats für den Schluß dieses Kalendermonats vor. Auch in der Praxis werden vielfach ähnliche Verträge wie der hier vorliegende mit einer Kündigungsfrist von nur einem Monat vor Ablauf der vereinbarten Zeit geschlossen. Zudem ist zu bedenken, daß eine Entscheidung über die Kündigung hier bereits spätestens in der zeitlichen Mitte der vereinbarten Laufzeit erfolgen muß. Gleichwohl ist eine Kündigungsfrist von drei Monaten der Bekl. noch zuzumuten. Es ist davon auszugehen, daß die Bekl. innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Laufzeit einen hinreichenden Eindruck von der Qualität der ihr gebotenen Leistungen und ihrer eigenen Eignung gewinnen kann. Spätestens mit Ende des dritten Monats wird sie entscheiden können, ob ihr eine Verlängerung zusagt oder eine Kündigung des Vertrages sachgerechter ist. Im übrigen bewegt sich die vereinbarte Kündigungsfrist noch innerhalb des Rahmens, den § 11 Nr. 12c AGB-Gesetz vorsicht.
Schließlich stellt die Klausel auch keine Überraschungsbestimmung nach § 3 AGB-Gesetz dar. Eine atypische Rechtsgestaltung liegt nicht vor. Die dreimonatige Kündigungsfrist bewegt sich noch im Rahmen dessen, was ein durchschnittlicher Empfänger erwarten kann. So unterscheidet sich die Kündigungsfrist etwa nicht wesentlich von den gesetzlichen Kündigungsfristen beim Mietvertrag (§ 565 I Nr. 3 BGB). Auch ist zu berücksichtigen. daß die Kl. keinesfalls längere unübersichtliche Bestimmungen verwendet hat. Drucktechnisch gesehen war die Kenntnisnahme durch die Bekl. ohne weiteres möglich. Auch die Formulierung der Bestimmungen enthält keine größeren Schwierigkeiten.
(Mitgeteilt von Rechtsanwälten W. G. Freudenreich und M. E. Freudenreich, Frankfurt)
Anm. d. Schrfitltg.: Zu dem Problem der Wirksamkeit von Verlängerungsklauseln vgl. auch OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 1082, OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 243; LG Wuppertal, NJW-RR 1989, 1524 sowie AG Kassel, NJW-RR 1989, 1525).